Mittwoch, November 16, 2005
Jungle World ··· 46/2005 Antifa ··· Rechtsrock bewährt sich
Am Landgericht Halle wurde gegen einen Organisatoren des Vertriebs von Rechtsrock verhandelt. Der Beschuldigte war geständig, und der Richter zeigte sich milde.
Kamerad, Kamerad – Es lautet der Befehl: Ran an den Feind! Ran an den Feind! Bomben auf Israel!« Beklemmend still ist es im Saal, als die Staatsanwältin Felicites Nest vor der Staatsschutzkammer am Landgericht Halle vorliest. Ihr gegenüber sitzt regungslos der Angeklagte Ingo Grönwald aus Weimar. Mit ausdrucksloser Miene blickt er in die Akte seines Verteidigers, als ob er den Text nicht kenne. Die zitierte Zeile stammt aus dem Lied »Ran an den Feind« von der gleichnamigen Platte der Band Landser, die im Mai 2005 vom Bundesgerichtshof als kriminelle Vereinigung eingestuft wurde.
Ingo Grönwald war in die Vertriebsstruktur der in London produzierten CD eingebunden und wurde deshalb Mitte voriger Woche in einem nicht mal dreistündigen Verfahren vom Landgericht Halle wegen Volksverhetzung und Unterstützung einer kriminellen Vereinigung zu 150 Arbeitsstunden und einer Haftstrafe von einem Jahr und sechs Monaten verurteilt. Die Strafe wurde allerdings zu einer dreijährigen Bewährung ausgesetzt.
Der 36jährige gelernte Zimmermann ist kein Unbekannter in der Neonaziszene Thüringens. Er war an der Organisation zahlreicher Konzerte für das mittlerweile verbotene Netzwerk »Blood & Honour« beteiligt und eröffnete 1993 den Textilienladen »Phoenix US-Shop« in Weimar sowie einige Jahre später das Geschäft »Way of Life« in Halle. Beide Läden entwickelten sich zu beliebten Aufenthaltsorten von Rechtsextremen. Von hier aus wurde schließlich die Verschickung rechter und teilweise indizierter Musik organisiert.
Mit der CD »Republik der Strolche« stieg Grönwald 1996 fest in den Merchandise-Vertrieb der Neonaziband Landser ein. Die in der rechten Szene beliebte Kleidungsmarke »Walhall« ließ er auf seinen Namen registrieren. Irgendwann jedoch hatte auch seine Glückssträhne ein Ende. Bei den Ermittlungen gegen die Gruppe Landser wurden Polizeibeamte auch auf den Versandhandel in Weimar aufmerksam. Im August 2000 durchsuchten sie die Läden und gleichzeitig noch neun weitere Objekte. Dabei fielen den Behörden 6 400 CDs, 30 000 CD-Covers, Videos, Hakenkreuz-Plakate und ein Computer mit dem Motiv für die Promotion der CD »Ran an den Feind« in die Hände.
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