Montag, April 04, 2005

Rheinischer Merkur - Germanias hörige Truppe

NATIONALISMUS / Die neue Rechte versteht sich als geistige Speerspitze einer konservativen Revolution. Mit Neonazis und Drittem Reich haben sie nichts am Hut. Die Leitbilder der Vordenker unter den Ewiggestrigen sind Ernst Jünger und Carl Schmitt (...) Mit Nazi-Schlägern und NS-Devotionaliensammlern haben neue Rechte und „Junge Freiheit“ demnach wenig am Hut. Dies unterscheidet sie von den alten Rechten, den Ewiggestrigen, die dem Dritten Reich hinterhertrauern, auf dessen Restauration hoffen. Dabei ist auch die neue Rechte so neu nicht. Ihre philosophischen Wurzeln reichen weiter zurück als bis ins Jahr 1933, zurück bis zu den antidemokratischen Theoretikern der Weimarer Republik, Ernst Jünger, Oswald Spengler, Carl Schmitt, Hans Freyer. Jene prägten nach dem Ersten Weltkrieg einen Politikbegriff, der zum theoretischen Fundament des Dritten Reiches werden sollte: Politik nicht als demokratisches Gestalten, sondern als schicksalhaftes Wirken höherer Mächte. Der starke Führer als Inkarnation von Schicksal und Volkswillen. Der Mensch, der in Dienst und Zucht einer höheren Ordnung – Volk, Staat, Nation – genommen werden muss. Die Beschwörung von Untergang und Endkampf. Der allgemeine „Wille zum Elementaren und zur Macht“ (Ernst Jünger). Und schließlich: die strikte Ablehnung von Liberalismus, Parlamentarismus, Sozialismus, Aufklärung. Dies sind die Determinanten der „konservativen Revolution“. Zwangsläufig mitgedacht wird dabei die Enthemmung: Wenn eh alles schicksalsbestimmt ist, braucht es kein Gewissen, keine Moral. Eine Haltung, die den Nazi-Terror bereits im Vorhinein legitimierte. Wenn die Zugehörigkeit zum Volk den Menschen bestimmt, sind individuelle Menschenrechte nebensächlich. Die konservativen Revolutionäre ästhetisieren das Politische, heben es in eine pseudoreligiöse Sphäre. Alles bleibt nebulöses Geraune abseits von Pragmatismus und Realpolitik, ein „heroischer Realismus“, nach Oswald Spengler. Aus diesem Grund distanzierten sich Jünger, Schmitt und Co. auch frühzeitig vom Nationalsozialismus. Fühlten sie sich doch als Geisteselite, die, laut Spengler, auf „verlorenem Posten“ ausharren muss, „ohne Hoffnung, ohne Rettung“. Das sei ihre Pflicht. Überlegen glaubten sie sich dem Nazi-Gesocks, dem braunen Pöbel.

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