Donnerstag, April 07, 2005

IDGR - Flüchtiger Angeklagter zu 33 Monaten Haft verurteilt

In Abwesenheit wurde heute der 46-jährige Neonazi Gerhard Ittner vom Landgericht Nürnberg zu zwei Jahren und neun Monaten Haft verurteilt. Am 29. März war er nicht zum Verhandlungstermin erschienen; vermutlich hat er sich ins Ausland abgesetzt. Ittner war wegen Volksverhetzung, Beleidigung, Beschimpfung von Religionsgemeinschaften, Verbreitung von Propagandamitteln verfassungsfeindlicher Organisationen und Verunglimpfung des Staates angeklagt. Der Prozess hatte bereits am 29.11.2004 begonnen und war von Ittner durch ausschweifende Monologe in die Länge gezogen worden. Ihm wurden zahlreiche Veröffentlichungen im Internet zugeschrieben, in denen die Bundesrepublik Deutschland verächtlich gemacht wurde. Darin sei, so die Anklage, "Juden und ausländischen Staatsangehörigen das ungeschmälerte Lebensrecht als gleichwertige Persönlichkeiten in der Gemeinschaft" abgesprochen worden. Dabei habe Ittner bewusst nationalsozialistischen Wortschatz verwendet. Zum anderen war Ittner wegen des Inhalts seiner Rede am 2. September 2003 bei einer Kundgebung angeklagt. Die Rede war von der Polizei per Video aufgezeichnet worden; auch diese Rede enthielt zahlreiche strafbare Passagen. Ittner hatte sich vor Gericht als "Sachwalter des fortbestehenden Deutschen Reiches" präsentiert. Den - laut Ittner - "Schlüsselprozess im Freiheitskampf des Deutschen Volkes zur Abwicklung des BRD-Regimes und zur Wiederherstellung der vollen staatlichen Handlungsfähigkeit des Deutschen Reiches" stilisierte er gleich noch in Anspielung auf die NS-Verbrecher-Prozesse nach dem 2. Weltkrieg zum "Nürnberger Prozess" hoch. Die Anklage hatte für Ittner eine Freiheitsstrafe von dreieinhalb Jahren gefordert. Die Verteidigung hatte dagegen auf Freispruch plädiert und dies mit dem Recht auf Meinungsfreiheit begründet. In rechtsextremen Kreisen ist Ittner nicht unumstritten. Früher bei der Nürnberger "Bürgerinitiative Ausländerstopp" tätig, wurde er von deren Chef, dem bayerischen NPD-Vorsitzenden Ralf Ollert, bald hinausgeworfen. Auch in den radikaleren Kreisen von "Freien Kameradschaften" konnte Ittner auf Dauer keine Sympathien wecken; so wurde er in diversen Neonazi-Diskussionsforen von der Teilnahme ausgesperrt und musste zwecks Außenwirkung auf eigene Email-Verteiler ausweichen.

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