Mittwoch, August 03, 2005

junge welt vom 03.08.2005 - Heß war Wegbereiter

Der spätere Hitler-Stellvertreter war schon bei Putschversuchen gegen die Weimarer Republik dabei. Neonazis ehren ihn heute als »Friedenspolitiker«" Sechzig Jahre nach der Befreiung von Faschismus und Krieg wollen Neofaschisten aus Europa am 21. August erneut den Hitler-Stellvertreter Rudolf Heß ehren. Im vergangenen Jahr waren über 5000 alte und junge Faschisten zum Grab des Kriegsverbrechers im bayrischen Wunsiedel gepilgert und hatten versucht, sein Treiben als »Friedenspolitik« darzustellen. Bis heute spinnen sie die Legende, daß der Flug des Hitler-Stellvertreters im Mai 1941 nach England ein »Friedensritt« war. Dabei war Rudolf Heß entscheidender Träger des faschistischen Systems und wurde durch das internationale Militärgericht in Nürnberg wegen »Verbrechen gegen den Weltfrieden« und »Planung eines Angriffskrieges« abgeurteilt. Kriegsvorbereitungen Heß war von Anfang an dabei. So beteiligte er sich bereits am Münchner Naziputsch vom November 1923, um die Weimarer Republik zu stürzen. In der Festung Landsberg wurde er dann engster Vertrauter und Sekretär von Adolf Hitler, dem er unter anderem bei der Abfassung von »Mein Kampf« zur Hand ging. 1933, am 4. Januar, begleitete er den »Führer« zu einem Kölner Treffen mit Franz von Papen im Hause des Bankiers Freiherr von Schröder, um die letzten Schritte für die »Machtergreifung« abzusichern und sich die Gunst der Geldgeber zu sichern. Der Freiherr hatte nach 1945 im IG-Farben-Prozeß unter Eid erklärt, daß die »Männer der Wirtschaft« Hitler an die Macht kommen lassen wollten. Und auch, daß sie »eine von Hitler projektierte Erhöhung der deutschen Wehrmacht von 100000 auf (zunächst) 300000 Mann« begrüßt hatten. Diese Hochrüstung fand einen ersten Höhepunkt in der Wiedereinführung der allgemeinen Wehrpflicht, die Rudolf Heß betrieb. 1933 war Heß Regierungsmitglied und Stellvertreter des »Führers« geworden. Am 16. März 1935 unterzeichnete er das »Gesetz zur Einführung der allgemeinen Wehrpflicht«. Ein halbes Jahr später, am 15. September, setzte er mit Hitler und anderen seine Unterschrift unter die vom späteren Mitglied der Adenauer-Regierung Hans Globke (CDU) ausgearbeiteten Gesetze »Reichsbürgergesetz« und »Blutschutzgesetz«. Letzteres enthielt die »Erkenntnis«, daß die »Reinheit des deutschen Blutes die Voraussetzung für den Fortbestand des deutschen Volkes« sei. Diese Rassegesetze waren der erste Schritt zur Wannseekonferenz, zur völligen Entrechtung und dann Ermordung der deutschen und europäischen Juden.

Keine Kommentare: