Dienstag, September 28, 2004
Sachsen: Rechtsextreme Jugendkultur mit Zeltlagern und Konzerten - FAZ.NET
Sven Forkert und Sebastian Reißig von der „Aktion Zivilcourage” im sächsischen Pirna nahe Dresden sind manches gewohnt. Erst kürzlich fand Reißig sein Auto mit zerstochenen Reifen vor.
Im Internet werden die beiden jungen Männer wegen ihres Engagements gegen Rechtsextremismus in ihrer Heimat, der Sächsischen Schweiz, regelmäßig bedroht. Damit könne er leben, sagt Reißig. Er habe keine Angst, denn Pirna sei keine rechtsextreme Stadt, die überwältigende Mehrheit der Pirnaer sei bereit, gegen Rechtsextreme aufzustehen und Gesicht zu zeigen. (...) Mittlerweile fehlen überall jene, die für das langfristige Erstarken des Bürgertums als Träger einer funktionierenden Zivilgesellschaft dringend gebraucht würden. „Es bleiben jene, die nicht so viel Ich-Stärke haben, die antizipatorischen Hospitalismus betreiben, also auf Hilfe von einer höheren Instanz warten”, sagt Patzelt.
Kameradschaften binden Jugendliche
Diese jungen Leute sind nach Auffassung des Politikwissenschaftlers offen für einfache Deutungsmuster und besonders leicht erreichbar für die straff organisierte Jugendarbeit rechtsextremistischer Gruppierungen. Und diese blieben nach Erkenntnissen des sächsischen Landesamts für Verfassungsschutz auch dann besonders aktiv, als das Profil rechtsextremer Parteien in der Zeit des NPD-Verbotsverfahrens zuletzt schwächer wurde. Praktisch überall in ländlichen Gebieten Sachsens gibt es sogenannte Kameradschaften, während es an der aus Westdeutschland bekannten breitfächrigen bürgerlichen Vereinskultur mangelt. Mit ihren Angeboten orientieren sie sich an den Wünschen der Jugendlichen.
Geboten werden Fußball, Zeltlager, Bootsfahrten, Skinhead-Konzerte und paramilitärische Spiele. „Kameradschaften formen das Freizeitverhalten der Mitglieder, wobei rechtsextremistische Grundpositionen eine ,weltanschauliche Klammer' bilden, die die Gruppenidentität prägt”, heißt es in einer Veröffentlichung des sächsischen Verfassungsschutzes. Für diese Gruppierungen sei charakteristisch, daß sie Jugendlichen vor allem einen Zusammenhalt als Clique böten und es ihnen gelinge, ein junges rechtsextremistisches Klientel an sich zu binden.
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