Donnerstag, September 30, 2004

TP: Braunes Merchandising

Die TV-Sendung zur DVD zum Buch zur Nazi-Demo Die Verbreitung von NS-Geschichtslegenden als ideologischem Unterfutter rechtsextremer Bewegungen ist weitgehend auf die einschlägige Szene beschränkt. Dennoch gelang es umtriebigen Rechten, ein bräunliches Video über den "Friedensflieger" Rudolf Heß in einem deutschen Fernsehkanal zu senden und einen honorigen Hochschullehrer vor ihren Karren zu spannen. Eine Fallstudie über ein multimediales Projekt auf der Suche nach der "kulturellen Hegemonie". Seit Jahren wird das fränkische Wunsiedel, das sich gerne als "Festspielstadt" präsentiert, im August von einer Invasion geplagt, die mittlerweile bei Alt- und Neonazis in ganz Europa als Pilgerfahrt ganz besonderer Art gilt. Der Ort im Fichtelgebirge ist nämlich mit einem Grabmal geplagt, das für die braune Internationale zur Kultstätte geworden ist: Hier liegt seit 1988 Rudolf Heß begraben. Der Führer-Stellvertreter wird von NS-Touristen als "Friedensflieger" verehrt, der im Auftrage Hitlers im Mai 1941 nach Schottland geflogen sei, um mit dem - ansonsten gerne auch als "perfides Albion" geschmähten - Vereinigten Königreich ein Ende des Krieges auszuhandeln. Die braune Legende vom "Führer", der nur durch den halsstarrigen und kriegslüsternen Winston Churchill zum Überfall auf die Sowjetunion und schlussendlich auch zum Holocaust gezwungen wurde, erfuhr kürzlich eine besondere Weihe. Der finanzklamme Nachrichtenkanal n-tv adelte diese völkische Verschwörungstheorie durch die Ausstrahlung eines einschlägigen Beitrags (Titel: "Churchills Friedensfalle") im Rahmen seiner Reihe "Technik & Trends", die vor allem zu nächtlichen Zeiten dabei hilft, den Sender rund um die Uhr auch oberhalb des computergenerierten Newsticker-Laufbandes mit Bild und Ton zu versorgen.

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