Mittwoch, September 08, 2004
Jungle World - Comeback der Nationalsozialen
Die NPD gibt sich sozial und ruft zur Beteiligung an Montagsdemonstrationen auf. Diese Strategie könnte sie zu einem Erfolg bei der sächsischen Landtagswahl führen. von jörg kronauer
Rot ist das Plakat, weiß die Schrift darauf, schwarz das Logo: »NPD. Die Nationalen.« Die geballte weiße Faust zeigt Kampfbereitschaft: »Quittung für Hartz IV: Jetzt NPD«. Die Proteste gegen das rot-grüne Verarmungsprogramm kommen der Neonazi-Partei gerade recht. Seit geraumer Zeit befindet sich ihr sächsischer Landesverband im Aufwind, am 19. September stehen Landtagswahlen an. Gelingt es der NPD, einen Teil der Protestbewegung auf ihre Seite zu ziehen, dann scheint der Sprung über die Fünfprozenthürde für die Schwarz-Weiß-Roten nicht mehr schwer.
Die Beteiligung rechtsextremer Vereinigungen an den Anti-Hartz-Demonstrationen hat Aufsehen erregt. Dabei konnte der rechte Aktivismus eigentlich nicht besonders überraschen. National und angeblich sozial motivierte Agitation wird von der extremen Rechten seit langem eingesetzt. Oft wird sie mit einem vermeintlich antikapitalistischen Antisemitismus verbunden und damit zur national-sozialistischen Propaganda. Und bietet sich wie jetzt eine passende Gelegenheit, dann bringt der anständige Neonazi seine Botschaft selbstverständlich auch unters deutsche Volk.
Jürgen W. Gansel ist so einer. Verlagsangestellter ist der 30jährige Historiker zurzeit, er arbeitet beim Verlag Deutsche Stimme in Riesa als Redakteur der gleichnamigen Parteizeitung der NPD. Bei den Kommunalwahlen kandidierte Gansel für die NPD, auf der Parteiliste für die sächsischen Landtagswahlen steht der Burschenschafter auf Platz zwölf. Und er macht Wahlkampf mit dem Mittel, das einem redlich schaffenden deutschen Kopfarbeiter gegeben ist: Er schreibt flammende Aufrufe zur nächsten Montagsdemonstration.
»Die soziale Kahlschlagpolitik der Kartellparteien«, schreibt Gansel hoffungsvoll in der Deutschen Stimme, »könnte einmal als Anfang vom Ende des volksverachtenden BRD-Systems in die Geschichtsbücher eingehen.« Gansel will den Umsturz, denn: »Ab dem 1. Januar 2005 findet der größte soziale Raubbau in der deutschen Nachkriegsgeschichte statt.« Das Schlimme daran: »Trotz aller Sparzwänge«, meint Gansel, werden »Ausländer und das Ausland weiterhin großzügig finanziert«. Es findet also Verrat am deutschen Volk statt. Michel und Tante Erna darben, während deutsche Arbeit in der Fantasie der NPD den Migranten von nebenan und seinen Familiennachzug ernährt.
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