Mittwoch, Februar 15, 2006

Jungle World ··· 7/2006 Antifa ··· Der engagierte Nazi

Sie tummeln sich in Sport- und Schützenvereinen und in Bürgerinitiativen. Mit dieser Strategie könnten es die Rechtsextremisten in Mecklenburg- Vorpommern sogar in den Landtag schaffen: Von der Arbeitslosigkeit über das »Gammelfleisch« bis hin zu langen Schulwegen – alles interessiert die NPD in Mecklenburg-Vorpommern. Auf ihrem Landesparteitag in Greifswald bereitete sie sich in der vorvergangenen Woche auf den Landtagswahlkampf vor, den sie vor allem mit regionalen Themen bestreiten will. In den Städten und Gemeinden wollen sich die Parteimitglieder weiterhin in Bürger­ini­tia­ti­ven, Trachten- und Sportvereine einbringen. Das Ziel ist am 17. September der Einzug ins Landesparlament. »Sieben Prozent plus X«, verspricht der Landesvorsitzende, Stefan Köster, seinen Anhängern. Selten waren sich Initiativen, der Verfassungsschutz und Wissenschaftler so einig. »Die Rechten sind in bestimmten Regionen fest verankert«, sagt Mike Hartwig von der Landesweiten Opferberatung für Betroffene rechter Gewalt in Mecklenburg-Vorpommern (Lobbi). Der Innenminister Gottfried Timm (SPD) hebt hervor, dass die NPD an »Seriosität« gewinne. Die neonazistische Partei könnte mit einer »Legal-Strategie« erfolgreich sein, betont der Greifswalder Rechtsextremismusforscher Hubertus Buchstein. Ein seriöses Auftreten, legales Handeln und kommunale Verankerung gehören seit Monaten zur Strategie der NPD und der »Freien Kameradschaften«. Buchstein warnt aber zugleich: Wenn alle vom Einzug der NPD redeten, könne das wie eine »sich selbst erfüllende Prophezeiung« wirken. (...) Längere Diskussionen über die Kandidaturen sollen nur Thomas Wulff und Köster ausgelöst haben. Köster sollte nicht antreten, da noch eine Gerichtsverhandlung wegen Körperverletzung gegen ihn ansteht. Da die Deutsche Volksunion (DVU) auf ihre Plätze, die ihr wegen der Wahlabsprachen zugesichert waren, verzichtete, kandidierte er dennoch. Ohne Erfolg blieb hingegen Wulffs Bemühung um einen Listenplatz. Das überraschte nicht nur ihn, den Anführer der »Freien Kameradschaften« und Bundessekretär der NPD. Denn gerade in den vergangenen Monaten traten etliche Kameradschaftler in die Partei in Mecklenburg-Vorpommern ein, so dass sie von etwa 100 auf über 200 Mitglieder anwuchs. (...) Das Ausmaß der Zusammenarbeit der Partei mit den Kameradschaften offenbart, auch ohne Wulff, die Landesliste: Platz zwei nimmt Tino Müller ein, Platz fünf Birger Lüssow, der in Rostock die Szene mitlenkt. Enrico Hamisch vom »Sozialen und Nationalen Bündnis Pommern« belegt Platz zehn, David Petereit, der das Neonazi-Heft Der Weiße Wolf mitgestaltet, Platz 13 und Ricardo Kaster, der Leiter des »Heimatbundes Pommern«, Platz 15. siehe auch: Schläger auf Landtagsliste. NPD rechnet mit Einzug in Parlament von Mecklenburg-Vorpommern. Militante »Kameradschafter« aufgestellt. Antifaschisten kritisieren Parteien (...) Mit der Kandidatur des NPD-Landesvorsitzenden Stefan Köster ist auch das gewaltbereite Spektrum auf Platz vier der Landesliste vertreten. »Taten statt Worte ist sein Motto«, heißt es auf der Homepage zu Köster. Was der Neofaschist darunter versteht, zeigte er bereits am Rande einer NPD-Veranstaltung im schleswig-holsteinischen Wahlkampf am 4. Dezember 2004 in Steinburg bei Itzehoe. Nach Auseinandersetzungen mit antifaschistischen Gegendemonstranten verfolgten NPD-Funktionäre junge Antifaschisten und schlugen auf diese ein. Wie Die Zeit berichtete, war auch Stefan Köster zu sehen, der auf eine am Boden liegende Frau eingetreten haben soll.

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