Sonntag, Februar 19, 2006

taz 18.2.06 Braune Prominenz schleicht sich in Elternrat

Neonazichef Wulff lässt sich als Vater in Kreiselternrat wählen - erst Monate später fällt er durch eine Kampagne auf Ihre erste und einzige Begegnung mit dem prominenten Neonazistrategen Thomas Wulff hat die Kreiselternratsvorsitzende aus Groß Krum als unspektakulär in Erinnerung. "Der sah völlig normal aus", sagt Birgit Menshen. "Er hat sich auch völlig normal verhalten. Ich hatte noch nichts von dem gehört." So dachte sie sich auch nichts, als sich der Familienvater für einen Posten im Kreiselternrat Ludwigslust anbot. Das war im vergangenen Herbst. Inzwischen hat Menschen einige Lektionen in Sachen rechtsextremer Propaganda gelernt - und nicht nur sie. Denn seit einigen Wochen befindet sich der Neonazi auf Werbefeldzug für eine Unterschriftenaktion des Landeselternrats Mecklenburg-Vorpommern gegen das Schulgesetz. Seine öffentlichen Unterstützungsappelle an die "nationale und soziale Opposition" unterschreibt Wulff nicht als persönlicher Referent des NPD-Chefs Udo Voigt oder Mitglied im Bundesvorstand der rechtsextremen Partei. Er zeichnet ganz bescheiden als Mitglied im Kreiselternrat Ludwigslust. (...) Der Fall sagt viel über Rechtsextreme, ihre Propagandastrategien und ihr Demokratieverständnis. Laut der Ludwigsluster Kreiselternratschefin tauchte Wulff im Herbst bei einer Sitzung auf, bewarb sich um einen Posten und wurde prompt gewählt. Nach der Sitzung merkte Menshen: "Dieser Herr Wulff ist gar kein Delegierter einer Schule." Also hätte er sich auch nicht wählen lassen dürfen. Menshen nahm ihn aus dem Verteiler: "Und fertig war die Laube." Wulff sei nie wieder aufgetaucht. Erst Monate später erfuhr Menshen, wer sich da eingeschlichen hatte. Für den Rechtextremismusfachmann Günther Hoffmann, bis 2003 selbst im Landeselternrat Mecklenburg-Vorpommerns aktiv, mindert das nicht die Brisanz des Falls. Gerade als Schulelternrat könne ein Neonazi wie Wulff über die Schulkonferenz direkten Einfluss auf den Alltag der Schulen nehmen. Er verlangt deshalb eine "massive Aufklärungskampagne" bei den Eltern. "Da ist bisher nichts gelaufen, dabei war das Problem seit Jahren bekannt."

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