Mittwoch, September 01, 2004

Jagdszenen am Untermain - sueddeutsche.de

Vor 60 Jahren entlud sich die Mordlust eines Mobs an amerikanischen Kriegsgefangenen – Rüsselsheim gedenkt nun der Opfer. Die schmalen Gassen am Rande des alten Kerns der Opelstadt Rüsselsheim tragen Namen wie „Im Geiersbühl“ und „Grabenstraße“. Die verschachtelten und mit kleinen Höfen ummauerten Häuser lassen noch dörfliche Strukturen erkennen, die sich unter der Industrialisierung im 19. Jahrhundert aufgelöst hatten, während die Bewohner immer dichter aufeinander rückten. Was auf solchen Straßen passierte, blieb nie unbemerkt. Nicht weit vom alten Werkstor der Adam Opel AG endet die Grabenstraße vor den Gleisen einer der Hauptstrecken der Bahn. Gegenüber der Straßenmündung verlief bis zum Abriss im Jahr 1986 eine alte Ziegelmauer: Sie hütete die Erinnerung an eine grausame Tat, über der ein Mantel des Schweigens lag. Vor sechzig Jahren, am 26. August 1944, war diese Mauer der Endpunkt einer Menschenjagd auf acht wehrlose Opfer, für die es keinen Ausweg und auch kein Erbarmen gab: An einer Gruppe amerikanischer Kriegsgefangener, die durch die Rüsselsheimer Innenstadt geführt wurde, entlud sich die Mordlust eines mehr als hundertköpfigen Mobs, der sich auf seiner Hetzjagd mit Steinen, Hämmern, Flaschen und Holzplanken bewaffnete.

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