Mittwoch, Juli 27, 2005

junge welt vom 27.07.2005 - Der Aufstieg der Skins in Rußland

Soziale, wirtschaftliche und politische Gründe eines Erfolgs Die Skinheads sind eine der jüngsten Subkulturen in Rußland, keine zehn Jahre alt. Waren sie anfangs noch ein kaum bemerktes Randphänomen – einige Dutzend in Moskau, wenige in Petersburg –, stellen sie heute eine der dynamischsten Bewegungen im Lande dar. Als öffentlich wahrgenommene Erscheinung formierten sich die Skinheads Anfang 1994, nachdem Präsident Jelzin im September und Oktober 1993 die geltende Verfassung außer Kraft setzte, das Parlament aufgelöst hatte und es mit Panzern beschießen ließ. Jelzin und seine Anhänger benutzten bereits vor dem Beschuß des Parlaments im Laufe der politischen Krise aktiv eine rassistische und nationalistische Rhetorik. Dem Staatsstreich folgte die »Periode des Ausnahmezustands« in Moskau. In den Straßen herrschte Polizeiterror, der schnell einen rassistischen Charakter annahm. Bürgermeister Juri Lushkow organisierte eine »ethnische Säuberung« des Stadtbildes. Er erklärte Straßenhändler aus Südrußland zu dem Sicherheitsproblem der Hauptstadt. Außergerichtliche Durchsuchungen, Verhaftungen, Plünderungen, Prügel und Folter seitens der Polizei und ihrer Spezialeinheiten (OMON) waren an der Tagesordnung. Tausende Menschen wurden verhaftet, verprügelt, ausgeraubt und als »Personen kaukasischer Nationalität« aus Moskau deportiert. Unter den Betroffenen befanden sich neben »Kaukasiern« auch Migranten aus dem Balkan, aus Mittelasien, Inder, Pakistaner, Iraner, Araber und Juden. Einen noch größeren Einfluß auf das Wachstum der Skinheads hatten der Krieg in Tschetschenien und die ihn begleitende nationalistische Propaganda.

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