Dienstag, Februar 07, 2006

taz 6.2.06 Mit klingender Münze

Wegschauen geht nicht: 25 Prozent mehr Neonazis haben die Verfassungsschützer gezählt Der Markt wächst. Seit Jahren betreiben Neonazis Handel mit rechten Rock-CDs und Lifestyleprodukten. Auch im Norden: Per Internet vertreiben der Bremer 'Heimdall Versand', der 'Nordversand' aus Halstenbek, der 'V7 / TVV-Versand' aus Hamburg, der 'Ruf des Nordens' mit Kieler Postadresse, und der 'H8store' aus Stockelsdorf ein breites Rechtsrock- und Bekleidungs-Sortiment, zum Anprobieren gibt es die szenetypischen Marken im Lüneburger 'Temple of Football', dem '0815Store' in Wismar, dem 'Odin & Freya' in Hamburg oder im kürzlich eröffneten Tostedter 'Streetwear'. Der Gewinn kann nur geschätzt werden. Längst sichert das lukrative Geschäft jedoch die politische Arbeit mit ab. Mit dem Internetversand, erklärt Lutz Henze vom 'Heimdall-Shop', verdiene er seinen Lebensunterhalt. Auf einer einschlägigen Website betont er, die 'Szene' durch eine NPD-Mitgliedschaft, Kameraden-Rabatte und 'Soli-Projekte' zu unterstützen. Aber auch andere profitieren vom rechten Handel. So verbirgt sich hinter der historischen Fassade der Galerie Rostocker Hof ein modernes Einkaufszentrum - unter anderem mit einem Laden, der die bei Neonazis beliebte Thor-Steinar-Kleidung verkauft. "Dazu möchte ich mich nicht äußern", wiegelt die Center-Managerin alle Nachfragen ab, ob andere Kunden durch die rechte Klientel dieses Mieters verunsichert werden. Politische Bedenken scheint man auch bei der der Hannoveraner Broker-Firma "Allmedia Fulfillment" kaum zu hegen: Dass einer ihrer Geschäftsführer die Produktion der Schulhof-CD "Anpassung ist Freiheit" regelte, erwies sich bei einem Verfahren vorm Amtsgericht Stendal. Angeklagt ist dort Neonazimusik-Produzent Lutz Willert. Schon im Mai 2004 wendete er sich mit seiner Firma "Univerzal Records" an die "Allmedia Fulfillment" - und nicht zum ersten Mal, wie der "blick nach rechts" berichtet. Seit 2002 kenne er Willert "persönlich", sagte der Allmedia-Mann aus und erklärte, Willert habe 45.000 Tonträger bestellt. Die Brisanz des Deals sei ihm bewusst gewesen, räumte er ein. Die Verteilung der CD hatte im August 2004 das Amtsgericht Halle unterbunden. Das Gericht entschied, dass sie bundesweit beschlagnahmt werden darf, da sie "offenkundig schwer jugendgefährdend" sei. Nun wird der Vorwurf verhandelt.

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