Mittwoch, Juli 06, 2005

taz 6.7.05 Rechtsdrall nützt Linksbündnis

Lafontaines "Fremdarbeiter"-Rhetorik könnte am Wahlabend durchaus belohnt werden, urteilt Meinungsforscher Güllner. Was tun? Brandenburgs Innenminister Schönbohm droht mit dem Verfassungsschutz. Doch der schweigt dazu lieber nur Wann immer Oskar Lafontaine in den letzten Tagen in ein Mikrofon sprach und seine "Fremdarbeiter"-Äußerungen rechtfertigte, das Echo der Empörten folgte prompt: Der frühere SPD-Chef setze auf "Nazi-Sprech", er buhle um NPD-Wähler, sein Populismus sei inakzeptabel. Doch bei vielen Wählern kommt die eindeutig zweideutige Rhetorik des WASG-Spitzenkandidaten offensichtlich besser an als die kollektive Entrüstung darüber. (...) Güllner sieht dafür verschiedene Gründe: Zum einen könne Lafontaine mit diesem Kurs bei einem rechtspopulistischen Wählerpotenzial punkten, für das in Deutschland bisher meist der passende Kandidat gefehlt habe. Güllner schätzt dieses Potenzial auf gut zwölf Prozent der Wählerschaft. Es handele sich um Menschen aus unteren und mittleren Schichten, die sich "subjektiv benachteiligt" fühlten. Lafontaine spreche auf diese Weise also ähnliche Wählergruppen an wie seinerzeit Ronald Schill in Hamburg oder der Rechtspopulist Jörg Haider in Österreich. Zum anderen sieht Güllner bisher keine Anzeichen dafür, dass Lafontaines Äußerungen im größeren Stil die bisherige Klientel der PDS verschreckten - und der Meinungsforscher findet auch das nicht überraschend: Schließlich sei die Partei zwar "offiziell ideologisch links", habe aber keine homogene "klassisch linke" Wählerschaft. Als Beleg nennt Güllner eine Studie über die Anhänger der Haider-Partei in Deutschland: Die Demoskopen fanden sie vor allem unter den treuen Fans von Altkanzler Helmut Kohl - und in der Wählerschaft der PDS.

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