Freitag, Dezember 16, 2005
Deutsches Ärzteblatt: Ethikrat: Berlin soll NS-Gesetz für nichtig erklären
Der Nationale Ethikrat hat an den Bundestag appelliert, das von den Nationalsozialisten 1933 beschlossene so genannte Erbgesundheitsgesetz ausdrücklich „für nichtig von Anfang an“ und für verfassungswidrig zu erklären. In einer am 14. Dezember in Berlin verbreiteten Erklärung unterstützt das Beratungsgremium der Bundesregierung damit ein Anliegen des Bundes der „Euthanasie-Geschädigten und Zwangssterilisierten“, der auf die vollständige moralische Rehabilitierung der Nazi-Opfer drängt.
Auf Grund des Gesetzes zur Verhütung erbkranken Nachwuchses vom 14. Juli 1933 wurden bis 1945 rund 350 000 Frauen, Männer und Kinder sterilisiert. 200 000 bis 300 000 Menschen fielen der Euthanasie zum Opfer. Der Ethikrat sieht im Umgang mit dieser Last der Geschichte gravierende Fragen von Menschenwürde und des Verhältnisses zwischen Staat und Individuum berührt. Deshalb erfordere das Thema auch heute im Rahmen der Lebenswissenschaften große Beachtung.
Dem Ethikrat zufolge hat der Bundestag das Erbgesundheitsgesetz 1974 förmlich außer Kraft gesetzt. 1988 erklärte das Parlament in einer Entschließung, dass die Zwangssterilisierungen „nationalsozialistisches Unrecht sind“. Die Sterilisationsentscheidungen der ehemaligen Erbgesundheitsgerichte wurden 1998 durch Gesetz aufgehoben, nicht aber das Gesetz selber.
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