Mittwoch, Dezember 14, 2005

Jungle World ··· 50/2005 Thema ··· Deutschunterricht

Der deutsche Bürger Khaled el-Masri war Anfang 2004 mehrere Monate im CIA-Gefängnis »Salt Pit« in Afghanistan eingesperrt. Dort war offensichtlich auch ein deutscher Beamter namens »Sam« daran beteiligt, aus dem Entführten Informationen zu pressen. Im Mediengerausche um diesen Fall werden die historischen Wurzeln des besonderen Verhältnisses zwischen CIA und BND kaum berücksichtigt. Während des Zweiten Weltkriegs waren in Eu­ropa und in Asien diverse Büros des US-Außen- und Verteidigungsministeriums mit der militärischen Informationsbeschaffung und mit Kommandoaktionen beschäftigt. Der erste selbständige Geheimdienst der USA war ab 1942 das Office of Strategic Services (OSS). Seine Aufgabe war es, anti-deutsche und anti-japanische Gruppierungen wie Maos kommunistische Truppen in China oder die Viet Minh im französischen Indochina zu bewaffnen, zu trainieren und mit Nachschub zu versorgen. Als der Krieg gegen die deutschen und japanischen Faschisten gewonnen war, wurde das OSS 1945 aufgelöst. Die Frontstellung gegen den Weltkommunismus bekam oberste Priorität: Der so genannte Kalte Krieg wurde vielerorts und für viele Menschen ziemlich heiß. Alte Verbündete wie Mao und Ho Chi Minh waren mitt­lerweile zu Feinden, alte Feinde wie die deutschen Folterärzte und -knechte aus den Konzentrations- und Vernichtungslagern oder die Offiziere der deutschen Feindaufklärung zu Verbündeten geworden. Wie Theorie und Praxis der NS-Folterer integriert wurden, lässt sich exemplarisch am Beispiel der Nachkriegsbiographie von Klaus Barbie zeigen, dem »Schlächter von Lyon«. In seiner Karriere hatte er es zum Chef der Geheimen Staatspolizei (Gestapo) in Lyon gebracht. Als solcher war er für die Folterung und Ermordung von KämpferInnen der Résistance verantwortlich. Aber auch Massaker wie in St. Genis-Laval, die Deportation der »Kinder von Izieu« sowie zahlreiche Erschießungen im Gefängnis Montluc gingen auf seine Rechnung. Obwohl Barbie in Nürnberg der Prozess gemacht werden sollte, übernahm ihn das Counterintelligence Corps (CIC) in Oberammergau, eine Einrichtung des unsystematischen Geflechts US-amerikanischer Geheimdienste. Barbie tauchte zunächst in Deutschland unter neuem Namen unter. Inzwischen hatte US-Präsident Truman gegen Widerstände aus Militär, Außenministerium und FBI die Central Intelligence Group (CIG) zusammenstellen lassen – eine direkt dem Präsidenten unterstellte Gruppierung. Ihre Aufgabe war die dauerhafte »Zusammenführung und Koordinierung offener und verdeckter Methoden der Informationsbeschaffung und -bereitstellung«. Aus der CIG heraus wurde 1947 schließlich die Central Intelligence Agency (CIA) gegründet. Die CIA wiederum nahm die Vorbereitung eines westdeutschen Auslandsgeheimdienstes in die Hand. Zentral hierfür war Generalmajor Reinhard Gehlen, mitverantwortlich für die Vorbereitung des Überfalles auf die Sowjetunion und die Durchführung des Vernichtungskrieges in Osteuropa. Er war 1942 Chef der »Abteilung Fremde Heere Ost« und damit der gesamten NS-Ostspionage geworden. Rechtzeitig vor Kriegsende hatte er dutzende Kisten mit nachrichtendienstlichem Material im Allgäu vergraben. Mit seinem für den Kalten Krieg höchst relevanten Material aus diesen Kisten erkaufte sich Gehlen die Zusammenarbeit mit dem Geheimdienst der US-Armee und wurde 1946 Chef der »Organisation Gehlen«, die 1949 von der CIA übernommen wurde. 1956, nach dem Nato-Beitritt, wurde aus der »Organisation Gehlen« schließlich der Bundesnachrichtendienst (BND), Gehlen blieb Präsident bis 1968.

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